Gehe zum Hauptinhalt
Blog
11.06.2018 Change Management

Widerstand als wertvolles Asset begreifen – Fingerspitzengefühl vorausgesetzt

Widerstand begleitet jede Projektarbeit und ist auf den ersten Blick ein unnötiger Nervfaktor. Aber: Widerstand birgt die für den Projekterfolg notwendige Energie und kann deshalb zum wertvollen Asset werden – wenn man ihn richtig handhabt. Vier einfache Grundsätze erleichtern den Umgang mit Widerstand.

Widerstand in Projektvorhaben ist Alltag, an Gründen mangelt es nicht. Eine typische Maßnahme zur Reduzierung des Widerstandes: Changemanagement. In der Theorie soll so die Effektivität des Veränderungsprozesses und die Akzeptanz der betroffenen Mitarbeiter maximiert werden. Dass mit Changemanagement Widerstände per se verhindert werden, ist jedoch ein Trugschluss. So paradox das klingen mag: Widerstand ist die Energie, die nötig ist, um eine echte Veränderung zu erzielen und deshalb zwingend notwendig. Damit ist nicht die Verhinderung sondern die Umwandlung von Widerstand in eine positive Veränderungsdynamik Aufgabe eines effektiven Changemanagements.

Widerstand äußert sich typabhängig in verschiedenen Formen – lautstarke Gegenargumentationen, Vorwürfe und Drohungen sind genauso Symptome wie Bagatellisieren, Schweigen oder Aussagen ins Lächerliche ziehen. Auch nonverbale Äußerungen, zum Beispiel Lustlosigkeit und Krankmeldungen können ein Ausdruck von Widerstand sein. Widerstände resultieren mit bis zu 80 Prozent aus Unsicherheit und Angst – Die Frage „Kann ich das?“ ist dabei dominierend. Kleineren Anteil haben hingegen die Fragen „Will ich das?“ und die Frage nach dem „Warum?“. Emotionale überlagern rationale Gründe. Klar ist damit auch – eine ausführliche Erläuterung der Hintergründe, die Anbringung von sachlogischen Gründen und die fachliche Argumentation pro Veränderung adressieren nur einen kleinen Teil der vorgebrachten Widerstände.

Nun ist Fingerspitzengefühl gefragt: Im ersten Schritt geht es darum zu verstehen, warum der Mitarbeiter zu dem Schluss kommt, die Veränderung beeinflusse seinen Arbeitsbereich so stark, dass er seinen Tätigkeitsbereich nicht mehr ausfüllen kann. Im zweiten Schritt heißt es Zuhören und Raum für Bedenken lassen. Erst wenn die Bedenken ausgesprochen werden, entsteht Freiraum für das Verständnis der Veränderung und das Gefühl, gehört zu werden, vermittelt Sicherheit. Bei tieferliegenden Widerständen geht es nur über in die Verhandlungstaktik: Unter welchen Bedingungen wäre denn Kooperation möglich?

Das Managen von Widerständen ist also kein leichtes Unterfangen, auch weil die Ausprägungen von Mitarbeiter zu Mitarbeiter variieren können und unterschiedliche Aktivitätsniveaus von der Führungskraft gefordert werden. Der Umgang mit Widerständen lässt sich jedoch durch die Beachtung von den folgenden vier Grundsätzen erleichtern:

  1. Es gibt keine Veränderung ohne Widerstand. Die euphorische Aussage „Das lief ja gut – Es gab gar keine Fragen/Anmerkungen/wütenden Ausrufe“ im Anschluss an eine Mitarbeiterversammlung ist nicht unbedingt auf das Gelingen dieser Veranstaltungen zurückzuführen, sondern meist ein Anzeichen dafür, dass die Zuhörer das Ausmaß der Entscheidung noch nicht verstanden und verinnerlicht haben – oder es ist gar keine wirkliche Veränderung.
  2. Widerstand enthält immer eine verschlüsselte Botschaft. Der geäußerte Unmut zu einer Neuerung hat in der Regel wenig fachliche Einwände. Vielmehr steckt dahinter die verborgene Botschaft „Ich bin unsicher was die Veränderung für mich persönlich bedeutet – und ob ich das schaffen kann“.
  3. Nichtbeachtung von Widerständen führt zu Blockaden. Widerstand zu ignorieren kann auch keine Lösung sein, denn schlussendlich wird der Projekterfolg in großen Teilen durch die Akzeptanz der Mitarbeiter getragen. Und die Nichtbeachtung spart auch nur kurzfristig Zeit, denn die Mitarbeiter langfristig bei der Stange zu halten kostet deutlich mehr Zeit und Energie.
  4. Mit dem Widerstand; nicht gegen ihn. Gerade zu Beginn von Transformationsvorhaben ist Widerstand häufig die bestmögliche Form der Kooperation. Es macht deutlich: Der Mitarbeiter setzt sich mit den Konsequenzen der Veränderung auseinander anstatt sie zu negieren oder zu umgehen. Auf dieser Basis kann man gut aufsetzen, denn die im Widerstand gebundene Energie kann für das Vorankommen im Projekt gut genutzt werden. Und sind die Widerständler erst einmal überzeugt, entwickeln sie sich häufig zu den besten Multiplikatoren für das Projektvorhaben.

Dem Veränderungsprozess Zeit zu geben, ist dabei Trumpf. So erhalten alle Beteiligten die Chance, sich mit der neuen Situation anzufreunden, sich bei den Kollegen richtig auf- und abzuregen und im Anschluss Bedenken, Sorgen und Befürchtungen etwas sachlicher formulieren zu können.