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Blog
22.01.2018 Change Management

Von der Eintagsfliege zum Elefanten

Wie genau geht Changemanagement? „Kommt drauf an“ wäre eine treffende Antwort, hilft aber alleine nicht weiter: Eine passgenaue Changearchitektur liefert den strukturellen, zeitlichen und personellen Fahrplan für ein bedarfsorientiertes Changemanagement.

Eine offene Kommunikation und die Beteiligung von Betroffenen sind in den Augen von Mitarbeitern die zentralen Erfolgsfaktoren bei der nachhaltigen Umsetzung von Veränderungsprozessen – ein klarer Auftrag für Changemanagement. Für Führungskräfte und Projektleitung wird damit die To-do-Liste immer länger: Zur inhaltlichen Projektgestaltung kommen Changekommunikation, das Gestalten von Formaten zur Mitarbeitereinbindung und Projektmarketing hinzu. Naheliegende Reaktion ist der typische Tunnelblick auf fachliche Inhalte. Anstatt konsequenter Mitarbeitereinbindung gibt es punktuelle Experteninterviews und kommuniziert wird einmal, in der Regel am Ende. So entsteht jedoch in den seltensten Fällen Veränderungsbereitschaft oder Aufbruchsstimmung in der Breite, der Projekterfolg bleibt hinter den Erwartungen zurück.

Je frühzeitiger diese Changearchitektur aufgesetzt wird, desto mehr Zeit hat sie zu wirken: Changemanagement entwickelt sich von der Eintagsfliege zum langlebigen Elefanten.

Eine Changearchitektur als Fahrplan für Changemanagement und damit das Pendant zur inhaltlichen Projektplanung kann Projektleitung und Führungskräfte bei der Umsetzung eines passgenauen und bedarfsorientierten Changemanagements unterstützen. Hier fließen Hypothesen und Ergebnisse der Analysephase zusammen, es werden Kick-off, Soundings, Projektnewsletter und Co. auf die Zeitachse gelegt und mit der inhaltlichen Meilensteinplanung verzahnt sowie Verantwortlichkeiten benannt – eben eine Anleitung für Changemanagement. Je frühzeitiger diese Changearchitektur aufgesetzt wird, desto mehr Zeit hat sie zu wirken: Changemanagement entwickelt sich von der Eintagsfliege zum langlebigen Elefanten.

Einen Plan zu haben kann nie schaden, wenn er denn gut gemacht ist. Der Zoologe Konrad Lorenz liefert aus den Erkenntnissen der Tierpsychologie ein Zitat, welches die zeitlichen Etappen jeder Changearchitektur beschreiben kann.

Phase 1: „Gesagt ist nicht gehört.“

Zum Projektstart erfahren Mitarbeiter Daten und Fakten zum Projektvorhaben. Offen bleibt in der Regel, mit welchen konkreten Konsequenzen die einzelnen Betroffenen rechnen müssen – auch weil weitere Eckpunkte des geplanten Vorhabens in einem inneren Wirbelsturm an Fragen untergehen und nicht abschließend gehört werden. Ist mein Arbeitsplatz sicher? Was passiert mit meinen Kollegen? Wie verändert sich mein Arbeitsalltag? – Naheliegende Fragen überlagern das weitere, objektive Zuhören. In dieser Phase geht es daher zunächst darum, Aufmerksamkeit zu erzielen; Verständnis ist jetzt ohnehin nicht zu schaffen. Mögliche Formate für die Changearchitektur wären daher Kick-off-Meetings, Rundschreiben oder ein Intranet-Eintrag, also einseitige Kommunikationswege. Denn nach dem ersten Mal Hören kann weder sachlich noch fachlich diskutiert werden, die Informationen brauchen Zeit um zu „sacken“.

Phase 2: „Gehört ist nicht verstanden.“

Im Projektvorhaben startet nach der ersten Kommunikationsrunde der „Flurfunk“ unter den Kollegen. Über das Geplante reden ist wichtig und richtig, denn nur so können die Beteiligten die eigene Betroffenheit richtig einschätzen und gelangen in die Phase des Verstehens. Eine Maßnahme des Changemanagements kann es sein, für diese Diskussion einen entsprechenden Rahmen zu bieten, den Flurfunk sozusagen offiziell zu machen. Podiums-Diskussionen, Q&A-Runden, Roadshows – Formate, die einen Austausch ermöglichen, sind in dieser Phase wertvolle Instrumente.

Phase 3: „Verstanden ist nicht einverstanden.“

Ein wichtiger Schritt ist getan, die Betroffenen können sich die Frage nach dem Wieso? Weshalb? Warum? beantworten. Das bedeutet aber noch nicht, dass sie den vorgeschlagenen Kurs mittragen. In dieser Phase geht es daher um Engagement und Trägerschaft für das Projektvorhaben. Befragungen, Soundings oder fachliche Workshops unter breiter Mitarbeiterbeteiligung ermöglichen eine tiefere, inhaltliche Auseinandersetzung, bieten die Chance für Feedback, zur Impulsaufnahme und Mitgestaltung. Manchmal ist das Gefühl, gehört zu werden, schon ausreichend. In anderen Fällen reicht das Verständnis für die Komplexität des Vorhabens: Es wird nie einen hundertprozentigen Fit für alle Betroffenen geben. Widerstände lassen sich nicht vermeiden.

Phase 4: „Einverstanden ist nicht angewandt.“

Bei allem Verständnis für die Veränderung – mit der Umsetzung steht ein großer Schritt an. Aus dem eigenen Alltag wissen wir, wie schwer es ist, neue Abläufe zu lernen und eingeschliffene Abläufe zu verändern. Der „Sprung ins kalte Wasser“ fällt niemanden leicht. In dieser Phase braucht es Räume zum Erproben der Veränderung. Wie fühlt sich die Veränderung an? Wie schwer ist die Veränderung? Muss noch etwas dazu gelernt werden? Schulungen, Probierwerkstätten oder Pilotprojekte ermöglichen Betroffenen das Ausprobieren in einem geschützten Raum und können Motivation, Selbstvertrauen und Begeisterung für die tatsächliche Umsetzung kreieren.

Phase 5: „Angewandt ist nicht beibehalten.“

Die größte Hürde aller Projekte: Das Projekt geht live, die Anlaufschwierigkeiten sind überwunden, das Projektteam ist aufgelöst und in neue Projekte eingebunden. Trotz viel Verständnis und Motivation für die Veränderung ist es leicht, wieder in alte Gewohnheiten zurückzufallen. Analog zum Trainingspartner im Fitnessstudio hilft es, das Problem gemeinsam anzugehen. Der Fokus in dieser Phase liegt also auf dem Community Building. Trägt das Team die Verantwortung für die Veränderung und identifiziert sich mit den neuen Strukturen, kann Trägerschaft langfristig verankert werden. Feste Review-Termine, Teambuilding-Workshops oder Werbekampagnen für die umgesetzte Veränderung fordern und fördern die Weiterentwicklung der Projektergebnisse.

Changemanagement ohne die Betroffenen ist wie Hamburg ohne Regen.

Nachdem das Was? Wann? und Wie? geklärt sind, bleibt die Frage nach dem „Wer macht eigentlich Changemanagement?“. Der Berater? Die Projektleitung? Die Führungskraft? Eigentlich Alle. Denn Changemanagement ohne die Betroffenen ist wie Hamburg ohne Regen. Wer dabei welche Rolle einnimmt ist dann wieder eine „kommt drauf an“-Frage.