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Blog
29.05.2017 Kundengewinnung

Modernes CRM für Banken

Niedrigzinsphase, demographischer Wandel und Wettbewerb durch FinTechs – Banken müssen hart um ihre Kunden kämpfen. Wie es gelingen kann, Neukunden zu gewinnen und an sich zu binden, zeigt der Onlinehandel. Dort ist ein ausgefeiltes Customer Relationship Management (CRM) der Schlüssel zum Erfolg.

Wie macht es der Handel?

Maß aller Dinge in diesem Bereich ist Amazon. Das bekannteste Onlinehandelsunternehmen hat seine Fähigkeit vervollkommnet, möglichst viel über seine Kunden zu erfahren und jedem potenziellen Käufer zur richtigen Zeit auf dem richtigen Kanal das richtige Angebot zu machen.

Fundament dafür sind die bekannten Daten. Schon längst werden nicht nur demografische, sondern auch verhaltensbasierte Informationen herangezogen: Warenkörbe, Produktsuchen und etliche Datenpunkte mehr werden analysiert, um zu erfahren, welches aktuelle Angebot den Kunden zum Kauf bewegen kann. Entscheidend dabei ist nicht die Menge der Daten, sondern deren Qualität und die Expertise der Auswertenden.

Wie könnten Banken nachziehen?

Auf die Bankenwelt übertragen könnten die Finanzinstitute ihre Kunden stärker in Nutzergruppen gliedern und dann passende Angebote machen. Dafür werden nicht nur die Einkommen und disponibles Vermögen ausgewertet, sondern andere, verhaltensbasierte Kriterien: Wie finanzaffin ist ein Kunde? Wie hoch ist seine Bereitschaft, Entscheidung oder Verwaltungsaufgaben zu delegieren? Welchen Kommunikationskanal bevorzugt er? Wie ist seine bisherige Kaufgeschichte?

Anhand solcher Daten und groß angelegten Auswertungen über den gesamten Kundenstamm wäre es möglich, das Abschlusspotenzial eines Kunden genau einzuordnen. Man könnte ihn auf dem Kanal seiner Wahl ansprechen und ihm Informationen zu einem Angebot geben, das einen realen Bedarf erfüllt. Diese Form des Content Marketing wird nicht einmal als Werbung wahrgenommen, sondern als kundenorientierter Service.

Traurige Realität

Die Praxis sieht leider oft anders aus. Die Datenqualität bei den meisten Banken lässt eine zielgerichtete Ansprache nicht zu. Viele relevante Informationen werden überhaupt nicht erhoben. Grund sind teils Datenschutz-Bedenken. Allerdings findet sich auch oft die Konstellation, dass legal nutzbare Daten aufgrund rechtlicher Sorgen nicht erfasst werden, die sich in der Praxis als unbegründet erweisen.

Zudem werden weitere Chancen vergeben: Die Daten, die ein Kunde durch Nutzung der Bankwebsite generiert, werden nicht erfasst und ausgewertet. Der Vertrieb hat kein Bewusstsein dafür, dass Informationen über den Kunden wertvoll sind. Die IT-Infrastruktur bietet keine Möglichkeit zur Erfassung solcher Daten.

So können nur grobe und fehlerhafte Profile entstehen. In der Praxis beschränkt sich die individualisierte Ansprache deshalb oft darauf, Produktlücken anzusprechen oder einzelne, gut bekannte Kunden zu betreuen.

Der Weg hin zur CRM-Professionalität des Einzelhandels ist lang und aufwendig – über Quick Wins können Banken aber ein gutes Stück schnell und praxisnah umsetzen.

Quick wins

Ein CRM-Niveau wie im Einzelhandel ist für Banken in näherer Zukunft unerreichbar. Rechtliche Vorbehalte und Investitionsaufwand stehen dem im Wege. Allerdings gibt es einfache Möglichkeiten, schnelle und weitreichende Verbesserungen zu erreichen:

  • Kunden wirklich verstehen: Banken kennen ihre Kundenwünsche kaum – Marktforschungsverfahren wie Fokusgruppeninterviews und Zukunftswerkstätten sind kaum gebräuchlich. Solche Maßnahmen, gepaart mit Onlinebewertungs- und -vorschlagsplattformen, können ein viel besseres Verständnis für die Kundenbedürfnisse wecken. Eine Verknüpfung dieser Informationen mit der Kaufhistorie ermöglicht eine Segmentierung für die zielführende Kundenansprache.

  • Internes Know-how aufbauen: Welche Daten sie brauchen und wie diese auszuwerten sind, müssen viele Banken erst lernen. Dieser Bereich gehört in Expertenhände. Parallel müssen die IT-Systeme darauf eingerichtet werden, die wirklich sinnvollen Informationen überhaupt zu erfassen.

  • Erkenntnisse nutzbar machen: Die Erkenntnisse müssen in vertriebliche Maßnahmen überführt werden – im Einklang mit Datenschutz und Compliance. Wichtig dafür ist beispielsweise die konsequente Einwerbung von Einwillungserklärungen zur Datennutzung.

  • Angebote nach Kundensegmenten ausrichten: Wer weiß, welcher Kunde welches Angebot benötigt, kann einen Bedarf erfüllen. Ziel ist nicht nur, die bestehende Produktpalette zielgenauer anzupreisen. Zusätzlich können neue, vom Kunden benötigte Produkte entwickelt werden.

  • Kanäle erweitern: Ein wichtiges Erfolgsrezept des Onlinemarketings ist es, dorthin zu gehen, wo der Kunde sich aufhält. Statt ihn auf die Bankwebsite zu locken, sollten Kreditinstitute deshalb andere Arten von Zugangskanälen testen – gegebenenfalls in Kooperation mit FinTechs, die auf diesem Feld bereits Pionierarbeit geleistet haben.

Dieser Artikel entstand in Zusammenarbeit mit Prof. Dr. Heike Jochims.