Echte Teams – die Mischung macht´s
Die Erkenntnis, dass ein Team im Vergleich zu einzelnen Individuen bessere Ergebnisse erzielt und effizienter arbeitet, ist nicht neu. Die Potenziale eines Teams können jedoch nur bei einer optimalen Mischung der Kompetenzen aller Teammitglieder systematisch genutzt werden.
„Teamplayer sein“ zählt zu den gefragtesten Softskills auf dem Arbeitsmarkt. In der Praxis sehen wir jedoch wenige echte Teams, dafür aber Arbeitsgruppen: Mehrere Mitarbeiter arbeiten an ähnlichen Aufgaben unter einer Führungskraft im gleichen Büro. Auch die Versuche von Organisationen, im Zuge der agilen Transformation selbstorganisierte Teams einzuführen, münden nur in „Pseudo-Teams“. Mitarbeiter aus unterschiedlichen Abteilungen bekommen die Aufgabe, gemeinsam an einem Thema zu arbeiten – und werden dann unter dem Vorwand der Selbstorganisation sich selbst überlassen. Aufgrund der fehlenden Erfahrung mit Zusammenarbeit in selbstorganisierten Teams, eines unspezifischen Ziels und einem fehlenden Gefühl von Verantwortung, ist die Teamleistung dieser Pseudo-Teams häufig sogar schlechter als die der Arbeitsgruppe.
Das High-Performing-Team
Die entscheidenden Faktoren, die aus einer Arbeitsgruppe ein „High-Performing-Team“ machen, beschreiben Jon R. Katzenbach und Douglas K. Smith. High-Performing-Teams haben ein individuelles Ziel. Das Ziel ist allen Teammitgliedern bekannt und hat das Potenzial zu begeistern. Aus der gemeinsamen Zielsetzung leitet das Team für sich klar definierte und messbare Aufgaben ab, die von allen Teammitgliedern akzeptiert werden und deren Fortschritt transparent verfolgt wird. Der Ansatz zur Erreichung der Teamziele ist für alle Teammitglieder verständlich, klar und akzeptiert. In einem High-Performing-Team gibt es darüber hinaus ein tiefgehendes Gefühl von Verantwortung, für den Teamerfolg und die Weiterentwicklung der Kompetenzen im Team.
Der Weg zum High-Performing-Team
Ein High-Performing-Team entsteht nicht auf Knopfdruck, sondern durch gemeinsame Erfahrungen und wachsendes Vertrauen. Um Verantwortung füreinander zu übernehmen, müssen sich die Teammitglieder jedoch ihrer eigenen Rolle und der ihrer Kollegen bewusst sein und ein Verständnis für die Stärken und Schwächen der jeweiligen Rolle entwickeln. Die Teamrollen des englischen Wissenschaftlers Meredith Belbin liefern hierfür einen guten Ansatzpunkt. Belbin beschreibt drei zentrale Handlungsmuster von Rollen im Team: handlungsorientiert, kommunikationsorientiert und wissensorientiert. Innerhalb dieser Handlungsmuster identifiziert er wiederum jeweils drei Rollen, die durch ein spezifisches Persönlichkeitsprofil gekennzeichnet sind und sich gegenseitig ergänzen. In einem Projekt hat daher jede dieser Rollen seine Berechtigung, eine Besetzung des Teams mit neun Personen ist jedoch nicht notwendig, denn einzelne Personen können auch mehrere Rollen einnehmen.
Handlungsorientierte Rollen
Der Perfektionist ist sorgfältig und gewissenhaft – und sucht gerne nach Fehlern. Das kann dazu führen, dass er sich übermäßig Sorgen macht und schlecht delegieren kann. Mit seiner Rolle sichert er die Qualität der Teamergebnisse ab. Der Umsetzer ist praktisch, zuverlässig und effizient. Für die Organisation der zu erledigenden Aufgaben im Team ist er zuständig. Dabei fällt es ihm mitunter schwer auf Veränderungen zu reagieren. Der Macher ist anspruchsvoll und dynamisch, er blüht unter Druck auf. Auf andere Teammitglieder wirkt das mitunter provozierend, gleichzeitig ist der Macher in Krisensituationen unverzichtbar für das Team.
Wissensorientierte Rollen
Der Erfinder ist kreativ, einfallsreich und frei in seinem Denken. Mit seinen stets neuen Ideen kann er auch schwierige Probleme lösen. Dabei ist er häufig jedoch so fokussiert, dass er wesentliche Rahmenbedingungen ausblendet und vergisst, den Rest des Teams an seinen Überlegungen teilhaben zu lassen. Der Spezialist ist zielstrebig, selbstständig und engagiert. Mit seinem hohen fachlichen Wissen und Können in spezialisierten Themenfeldern hat er wesentlichen Anteil am Endprodukt des Teams, auch wenn er gelegentlich andere Teammitglieder mit seinem Wissen überfordert oder sich in technischen Details verliert. Der Beobachter ist nüchtern, strategisch und anspruchsvoll. Er kennt alle Optionen und kann genau urteilen. Das kann schnell überkritisch wirken, aber hilft dem Team, strukturiertere und bessere Entscheidungen zu treffen.
Kommunikationsorientierte Rollen
Der Wegbereiter ist aufgeschlossen und enthusiastisch, lotet stets neue Möglichkeiten aus und knüpft schnell neue Kontakte. Wenn die anfängliche Begeisterung verflogen ist, verliert er allerdings auch schnell wieder das Interesse. Im Team schiebt er die Dinge an und sichert den Kontakt zur restlichen Organisation. Der Teamarbeiter ist kooperativ, einfühlsam und diplomatisch. Er ist stets um eine gute Zusammenarbeit im Team bemüht, tut sich im Gegenzug jedoch mit unpopulären Entscheidungen schwer. Der Koordinator ist selbstbewusst, klärt die Ziele frühzeitig und agiert wohlüberlegt. Dabei kann es schnell passieren, dass der Koordinator lediglich delegiert, aber selbst wenige eigene Aufgaben übernimmt.
Ein gemeinsames Verständnis zu den verschiedenen Teamrollen kann Mitarbeitern und Führungskräften gleichermaßen helfen. Die Mitarbeiter werden sich ihrer eigenen Rolle und Verantwortung dem Team gegenüber bewusst und entwickeln gleichzeitig ein Verständnis für die Stärken (und Schwächen) der übrigen Teammitglieder. Die Kenntnis über die bestehenden Kompetenzen in einem Team können die Führungskraft unterstützen, bei Neueinstellungen auf komplementäre Kompetenzen zu achten und die bestehenden Teammitglieder gezielt weiterzuentwickeln.