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06.08.2018 Fusionen und Transaktionen

Cultural Due Diligence - Erfolgschancen von Unternehmenstransaktionen von Anfang an erhöhen

Die Anzahl der Unternehmenstransaktionen hat sich in Deutschland, seit dem Tiefpunkt nach der Finanzkrise, deutlich erholt1. Dabei führt eine erhebliche Anzahl an Fusionen und Übernahmen jedoch nicht zum gewünschten Erfolg – ein wesentlicher Grund liegt nicht zuletzt darin, dass allzu oft die kulturelle Integration übergangen wird.

Hat die klassische Due Diligence ausgedient?

Im Vorfeld einer Transaktion spielt die sorgfältige Überprüfung des zu kaufenden Unternehmens eine große Rolle. Überwiegen die zu erwartenden Synergieeffekte die Transaktionskosten, wird eine Transaktion wahrscheinlich und beide Unternehmen leiten die Integrationsphase ein. Doch trotz sorgfältiger Überprüfung und positiver Business Cases legen empirische Studien nahe, dass zwischen 50 und 75 Prozent der Unternehmensübernahmen der letzten Jahre gescheitert sind beziehungsweise nicht den erwünschten Effekt gezeigt haben2. Hauptgrund dafür ist, dass in der M&A-Praxis technische Aspekte überwiegen und zentrale Felder der Due Diligence nicht integrativ, sondern separat betrachtet werden. Die Voraussetzungen und Bedingungen einer erfolgreichen kulturellen Integration rücken meist erst nach dem Closing während der Integrationsphase in den Fokus – und das, obwohl sie Dreh- und Angelpunkt einer erfolgreichen Fusion sind.

Kultur integraler Bestandteil der Pre-Merger-Phase

Das Zusammenwachsen zweier Unternehmen beginnt – oder scheitert – bereits vor der Unterzeichnung des Kaufvertrags: Mitarbeiter beider Unternehmen reagieren auf das Akquisitionsklima und die mit der Akquisition verfolgte Strategie. Im Vordergrund stehen dabei insbesondere die negativen, das heißt die einem Zusammenschluss entgegenstehenden Emotionen, die primär durch Unsicherheit und Unkenntnis der Veränderung geweckt werden. Management und Gesellschafter müssen etwaigen Sorgen und Ängsten frühzeitig begegnen und eine offensive Kommunikationsstrategie verankern. Dies ist besonders wichtig, wenn die Transaktion mit dem Ziel einer operativen Integration beider Unternehmen verfolgt wird.

Für eine solche proaktive Kommunikation ist es notwendig, bereits vor Abschluss der rechtlichen Fusion eine abgestimmte Integrationsstrategie zu entwickeln, welche die kulturellen Aspekte beider Unternehmen einschließt – die Ergänzung der klassischen Due Diligence um die „Cultural Due Diligence“ ermöglicht genau das. Zudem ist die „Cultural Due Diligence“ erfahrungsgemäß die Investition mit der kürzesten Amortisationszeit.

Was bedeutet „Cultural Due Diligence“?

Die Cultural Due Diligence umfasst zunächst eine Bestandsaufnahme der in beiden Unternehmen vorherrschenden Kulturen und deren Kompatibilität zueinander: Was ist das jeweils geteilte Wertesystem der Mitarbeiter, welche Vorstellungen und Vorgehensweisen bestimmen, wie Mitarbeiter in den Unternehmen handeln und worin sind die Unterschiede begründet? Um diese Fragen zu beantworten, sind Interviews mit Führungskräften zu Führungsstilen und -prioritäten zu führen und Vergleiche von Geschäfts- und Entscheidungsprozessen anzustellen. Oftmals lohnt sich auch ein besseres Verständnis der Sichtweisen von Kunden oder Lieferanten auf die jeweiligen Unternehmen. Nicht zuletzt sind auch die Mitarbeiter zu ihrer Wahrnehmung des eigenen sowie des jeweils anderen Unternehmens zu befragen. Ist es, zum Beispiel aufgrund geringer Zugangsgewährung oder hoher Vertraulichkeit der Transaktion, nicht möglich, diese Daten zu erheben, so können auf Basis interner Dokumente Rückschlüsse auf Kernelemente und Prinzipien der beteiligten Unternehmen gezogen werden.

Im Projektalltag erleben wir häufig, dass das Thema unternehmenskulturelle Integration bei Zusammenschlüssen, insbesondere bei Transaktionspartnern der gleichen Branche mit vergleichbarer Mitarbeiterzahl sowie ähnlicher Wertschöpfungstiefe, von beteiligten Managern unterschätzt oder gar als nebensächlich betrachtet wird. Erfahrungsgemäß werden scheinbar ähnliche Strukturen jedoch häufig sehr unterschiedlich ge- und erlebt – mit großen Auswirkungen auf die in den Unternehmen herrschende Kultur. Es überrascht nicht, dass über 80 Prozent der an einer Fusion beteiligten Manager die Bedeutung einer organisatorischen und kulturellen Anpassung unterschätzen3. Die häufige Konsequenz: ein „Cultural Clash“, bei dem die Mitarbeiter gegeneinander arbeiten und die Fusionsbemühungen blockieren. Nicht umsonst ist dieser der Hauptgrund für Fehlschläge.

Um derartiges zu vermeiden, kommt es weniger darauf an, beide Kulturen bis ins kleinste Detail definieren zu können, als darauf, sich der generellen Unterschiede bewusst zu werden und daraus einen Entwicklungsplan für die gemeinsame Unternehmenskultur zu erarbeiten. Dem Management sollte frühzeitig ein gemeinsamer Fahrplan oder gar ein konkretes Zielbild für die zukünftige Kultur im neuen Unternehmen vorschweben, um dieses den Führungskräften und Mitarbeitern im Anschluss glaubhaft kommunizieren und vor allem vorleben zu können. Die während dieses Prozesses gewonnen Erkenntnisse und für die Integrationsphase abgeleiteten Handlungsempfehlungen sollten in den Entscheidungsprozess für oder gegen eine Transaktion einbezogen werden.

Cultural Due Diligence als Wegbereiter

Von betroffenen Führungskräften wird uns regelmäßig berichtet, wie sich durch eine frustrationsinduzierte Mitarbeiterfluktuation, den Verlust wichtiger Erfahrungs-Träger und die generelle Unzufriedenheit in der Belegschaft große Enttäuschung im Nachgang zur Transaktion breitmacht. Mitunter entsteht dabei eine emotionale Abwärtsspirale, die aus der Organisation heraus kaum noch aufgelöst werden kann. Eine Cultural Due Diligence kann nicht die Fehler einer falschen Unternehmensstrategie beheben – sie wird jedoch dabei unterstützen, emotionsgetriebene Rangeleien zu minimieren, Vertrauen zwischen den Mitarbeitern aufzubauen und eine konstruktive Zusammenarbeit zu ermöglichen.

Das wiederum kann für erhebliche Zeit- und Kostenersparnisse sorgen: die „weichen Faktoren“ der Cultural Due Diligence sind somit Wegbereiter für die operative Zusammenlegung und die Realisierung der „harten“ Ziele der Transaktion. Es geht also nicht darum, die klassische Due Diligence zu ersetzen, sondern vielmehr darum, sie sinnvoll zu ergänzen und durch die Befassung mit der Unternehmenskultur zu vervollständigen.

1. Niedrigzinsumfrage 2017, Bundesbank / BaFin
2. „Making deals successful – actions that make your deal more valuable“, PricewaterhouseCoopers (2016)
Koi-Akrofi, Godfred. (2016), „Mergers and Acquisitions failure rates and perspectives on why they fail“, International Journal of Innovation and Applied Studies. 17. 150-158.
Dunbar, Keith J. (2014), „The leaders who make M&A work“, in Harvard Business Review (September 2014)
„Mergers & Acquisitions“, PricewaterhouseCoopers (2016)

3. „Post Merger Integration Study 2009 – Zielgerade oder Achterbahn“, PricewaterhouseCoopers (2009)
„Post-merger integration success of Finnish companies“, KPMG (2017)
„Perspectives on Merger Integration“, McKinsey & Company Report (2010)