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12.06.2017 Bankregelwerk

Von der Vorschrift zur Arbeitserleichterung

Das Regelwerk ist für Banken eine lästige Pflicht und ein unverzichtbares Werkzeug zugleich: Das vollständige Dokument aller gesetzlichen und unternehmensinternen Vorschriften und Regeln, die bei der Arbeit beachtet werden müssen. Üblicherweise wird dieses Dokument einmal erstellt und dann über Jahre oder Jahrzehnte kontinuierlich ergänzt, korrigiert und aktualisiert.

Oft sind es Fachexperten, die an der Erstellung und Aktualisierung des Regulariums arbeiten. Ihr Fokus liegt dabei auf der Korrektheit und Vollständigkeit der Angaben – jedoch nicht immer auf der Nutz- und Anwendbarkeit im Alltag. Für einen normalen Mitarbeiter einer Bankfiliale ist es im Tagesgeschäft schlichtweg unmöglich, bei jeder Kundenanfrage zunächst das Regularium zu konsultieren, auf Anhieb die richtige Regel zu finden und auf seinen Fall anzuwenden. Im Umkehrschluss bedeutet das: Wenn eine Bank ihr Regelwerk so einfach und verständlich wie möglich gestaltet, hilft das den Mitarbeitern bei der täglichen Arbeit und stärkt ihre Ertragskraft, indem möglicherweise teure Fehler vermieden werden können.

Vorbereitungsphase

Ziel einer solchen Überarbeitung ist es, eine übersichtliche Struktur zu schaffen, in der alle Mitarbeiter die für sie relevanten Informationen leichter finden. Hierzu wird das bestehende Regelwerk gesichtet, in wesentliche Prozesse gegliedert und in Ablaufbeschreibungen übertragen. Ziel ist, die erfolgskritischen Aufgaben der Bank zu erkennen und in einer Art Landkarte aufzuzeichnen: Wie hängen die Abläufe zusammen? Welche Kundenprozesse gibt es, welche Steuerungsprozesse? Anhand einer solchen Karte kann jeder Mitarbeiter erkennen, mit welchem Prozess er sich gerade beschäftigt. Nun gilt es, ihm eine korrekte und verständliche Anleitung dafür an die Hand zu geben.

Expertenphase

Damit das neue Regelwerk akzeptiert und im Alltag genutzt wird, sollten Ansprechpartner aller betroffenen Stellen an der Erarbeitung beteiligt werden. Die Einbindung und Mitarbeit steigert die Akzeptanz, und zugleich verhindert sie, dass ein kleiner Expertenstab theoretisch sauber, aber praxisuntauglich plant. Selbstverständlich müssen zudem Revision und Compliance mit einbezogen werden.

Am Ende dieser Phase steht eine – noch grobe – überschneidungsfreie Beschreibung aller Prozesse. Wie sieht beispielsweise die Kreditbearbeitung aus? Welche Dokumente werden benötigt (Input), welche Aufgaben müssen in welcher Reihenfolge bearbeitet werden und wer trägt die Verantwortung dafür (Prozessablauf). Welche Risiken birgt der Prozess und mit welchen Kontrollen wird diesen begegnet? Welche Informationen stehen am Ende und welche Entscheidungen werden getroffen (Output)? Prozesse können zudem ineinander greifen: Der Output des einen Prozesses ist Input für einen Folgeprozess.

Grundlagenphase

In der Expertenphase wird festgellt, welche Bestandteile zu welchem Prozess gehören. In der Grundlagenphase wird erarbeitet, wie die Umsetzung konkret aussieht. Hierbei entstehen detaillierte Anleitungen, Checklisten, Dokumentenvorlagen und vergleichbares Arbeitsmaterial. Wichtig ist dabei, die entstehenden Texte auf den beabsichtigten Leser zuzuschneiden: Steuerungsprozesse, in die nur ein kleiner Expertenkreis eingebunden ist, vertragen eine höhere Abstraktionsebene. Kundenprozesse, die in jeder Filiale ihren Anfang nehmen und zumindest theoretisch auch von Auszubildenden angestoßen und umgesetzt werden können, sollten eingängiger dargestellt werden: das Standardverfahren als Schritt-für-Schritt-Anleitung, ohne Ablenkung durch Sonderfälle.

Die Einbindung und Mitarbeit aller betroffenen Stellen steigert die Akzeptanz, und zugleich verhindert sie, dass ein kleiner Expertenstab theoretisch sauber, aber praxisuntauglich plant

Detaillierungsphase

Es hat sich in der Praxis bewährt, die so erstellten Ablauf- und Aufgabenbeschreibungen noch einmal von den Erstellern des ursprünglichen Regelwerks bearbeiten zu lassen. Dafür sprechen mehrere Gründe: Sie haben sich bereits einmal mit einer umfassenden und korrekten Darstellung der Prozessinhalte beschäftigt und verfügen deshalb über ein Spezialwissen, das keine Arbeitsgruppe sich auf vergleichbarem Niveau aneignen kann. Zum anderen sind die Mitarbeiter, die das bisherige Regelwerk erstellt und gepflegt haben, mit hoher Wahrscheinlichkeit auch zukünftig mit dieser Aufgabe betraut. Ihre Einbindung bei der Erstellung des Nachfolgedokuments ist entscheidend für die Akzeptanz.

Die Erfahrung zeigt, dass ein 80:20-Verhältnis sowohl für das Tempo der Bearbeitung als auch für die Akzeptanz im Unternehmen am besten geeignet ist: Ein neutrales Projektteam stellt die Struktur auf, entschlackt das Regelwerk von selten gebrauchten Sonderfalldarstellungen und erstellt die Prozessbeschreibungen, bis etwa achtzig Prozent der notwendigen Arbeit getan ist. Die verbleibenden zwanzig Prozent leisten die Experten in den Fachabteilungen. Sie kennen die realen Anforderungen am genauesten und können sich dafür engagieren, eine praxisrelevante Dokumentation zu erstellen.

Umsetzungsphase

Die Neuerstellung des Regelwerks endet mit Einführung in den Arbeitsalltag. Dazu gehört die Bereitstellung im Intranet und die Schulung der Mitarbeiter. Unerlässlich ist zudem ein Konzept, das die fortlaufende Aktualisierung der Regeln sicherstellt. Denn Regeln sind nicht dafür da, dass man sie bricht, sondern um Orientierung zu geben.