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Blog
04.03.2019 Schienengüterverkehr

Energieeffizienz ist mehr als Hardware

In Zeiten zunehmender Umweltschutzvorgaben reicht die einfache Ausrüstung mit energieeffizienter Hardware zum Energiesparen bei Weitem nicht mehr aus – dafür sind die Systeme und die Anforderungen an die jeweiligen Anwender zu komplex geworden. Anhand einer Case Study zeigen wir, wie durch die Implementierung eines objektiven Monitorings und eines maßgeschneiderten Change-Prozesses die volle Wirkung technischer Energiesparmaßnahmen entfaltet werden kann.

Kohleausstieg, Tempolimit und Diesel-Fahrverbote – fast täglich werden neue Klimaschutzmaßnahmen diskutiert und beschlossen. Eine Herausforderung, der sich gerade Unternehmen der Verkehrs- und Logistikbranche mit Blick auf ihren hohen Energieverbrauch nicht entziehen können. Der Hebel für Klimaschutz- und Energiesparmaßnahmen in der Branche ist groß: Allein die Deutsche Bahn verbraucht mit ca. 11.000 Gigawattstunden (GWh) in etwa so viel elektrische Energie wie alle Haushalte in Berlin und Brandenburg. Damit ist das Unternehmen der größte Energieverbraucher in Deutschland.

Kombiniert man den möglichen Beitrag zum Klimaschutz mit den potenziellen Ersparnissen, die durch eine Reduzierung des Energieverbrauchs in Unternehmen realisiert werden können, entsteht auf den ersten Blick eine Win-Win-Situation. Jedoch lässt sich erfolgreicher Klimaschutz nicht ohne erhebliche Investitionen in technische Maßnahmen betreiben.

In einer Branche, die von hohem Kostendruck geprägt ist, stellen Investitionen in Energieeffizienz eine große Herausforderung dar. Auch wenn Maßnahmen, wie beispielsweise die Anschaffung effizienterer Fahrzeuge oder die Ausstattung der Fahrzeuge mit Fahrassistenzsystemen, vielversprechend klingen, sollten diese Investitionen stets hinsichtlich der erwarteten und im laufenden Betrieb realisierten Energieeinsparungen bewertet werden. Eine konsistente Datenbasis und belastbare Kennzahlen sind zentrale Voraussetzungen, um im Spannungsfeld von Kosten, Qualität, Betriebssicherheit und Umweltzielen die richtigen Energieeffizienzmaßnahmen wirkungsvoll einsetzen zu können.

Mit technischer Ausrüstung allein ist noch nichts gewonnen

In der Realität beobachten wir jedoch häufig das Gegenteil: Mangelnde Transparenz über die Wirkung von Hardwaresystemen führt zu einem ineffizienten Einsatz, in dessen Folge die per se sinnvolle Maßnahme oftmals wirkungslos verpufft. Die von Herstellern versprochenen Wirkungsgrade und die in der Praxis realisierten Effekte liegen dabei oft weit auseinander. Nach außen wirken die Maßnahmen daher schnell wie blinder Aktionismus. Dabei ist der Misserfolg weniger der Hardware an sich, sondern vielmehr der fehlenden Transparenz über den richtigen Einsatz und der ungenügenden Anleitung und Begleitung der Anwender zuzuschreiben.

Die Herausforderung hierbei: Hardwaresysteme von Drittanbietern werden in der Regel ohne integrierte Monitoringlösungen ausgeliefert. So können Käufer den tatsächlichen Mehrwert der Hardware nur grob abschätzen, deren Einsatz nur rudimentär planen und auch nur in bedingtem Ausmaß strategische Handlungsbedarfe ableiten – von der Einführung eines begleitenden Change-Prozesses für die Mitarbeiter ganz zu schweigen.

Im Rahmen eines Projekteinsatzes bei einem globalen Schienengüterverkehrsunternehmen war das Projektteam mit einem solchen Fall konfrontiert. Zur Steigerung der Energieeffizienz wurde ein Fahrassistenzsystem von einem externen Anbieter eingeführt – jedoch ohne ein belastbares Monitoringsystem. Aufgrund einer historisch gewachsenen heterogenen IT-Landschaft sowie fehlender Ressourcen gestaltete sich die nachträgliche Entwicklung eines adäquaten Monitorings für den Klienten als herausfordernd.

Mit Unterstützung von BLC gelang es dennoch, binnen kurzer Zeit ein aussagekräftiges Monitoring unter Einbindung zahlreicher Fachbereiche zu implementieren. Darüber hinaus ist auch der Zulieferer der Hardwaresysteme von dem maßgeschneiderten Monitoring überzeugt: Im Moment wird geplant, das Fahrassistenzsystem mit einem vergleichbaren Monitoring direkt vom Werk aus anzubieten.

Von einer festgefahrenen Ausgangslage zur „grünen Wiese“

Wie schon in diversen Projekten zuvor begann das BLC-Team mit einer umfassenden (Fehler-) Analyse des auf Klientenseite bereits initiierten, jedoch auf halber Strecke aufgegebenen, Entwurfs eines Monitorings. Parallel dazu wurde ein ideales Monitoring als Referenzbild konstruiert.

Vorgehensmodell zur Implementierung eines Monitoringsystems
Vorgehensmodell zur Implementierung eines Monitoringsystems

Struktur ins Datenchaos

Auf Basis des Zielbilds wurden alle theoretisch betroffenen Roh- und Quelldaten zunächst identifiziert und anschließend im Detail entlang des Zielbilds plausibilisiert. Auf diese Weise konnte sich das Projektteam in Zusammenarbeit mit den Projektverantwortlichen des Klienten ein Gesamtbild über die bestehende Datenlandschaft innerhalb des Unternehmens machen. Im Anschluss daran halfen Interoperabilitätstests von Daten, die Anzahl der tatsächlich erforderlichen Datenbanken signifikant zu reduzieren. Zur Konsolidierung aller selektierten relevanten Datenbanken wurde ein zentralisiertes Datensystem eingerichtet, welches einfach zugänglich und für die ganzheitliche Berechnung aller enthaltenen Daten vorgesehen war.

Doch wie können Nutzung und Wirkung einer Hardware verlässlich und transparent überprüft werden? Durch automatisch ermittelte Kennzahlen und ein einheitliches Verständnis der zugrundeliegenden Treiber. Nur wenn Manager und Anwender die Berechnungslogik einer Kennzahl nachvollziehen können, kann diese innerhalb eines Unternehmens als Steuerungsgröße implementiert werden. So entwickelte das BLC-Projektteam konkrete Algorithmen zur Berechnung solcher Nutzungs- und Wirkungskennzahlen und prüfte deren Verlässlichkeit mit Hilfe statistischer Hypothesentests.

Auch wenn es keinen allgemeingültigen Prozess zum Aufsatz eines Monitoringsystems gibt, zeigen unsere Erfahrungen, dass sich der Projektverlauf stets an dem beschriebenen sukzessiven Vorgang orientieren sollte. Dabei hat es sich bewährt, jede Maßnahme individuell zu begutachten und methodisch in den Gesamtprozess einzubinden.

Ein Change-Prozess ist unumgänglich

Ebenso wichtig wie die konsistente Berechnung der Kennzahlen war die Definition eines automatisierten Reportings der berechneten Kennzahlen. Ein entsprechendes Tool aktualisiert die Monitoring-Kennzahlen „auf Knopfdruck“ und stellt diese über eine grafische Oberfläche zur Verfügung. Auf Basis dieses Reportings konnte ein Change-Prozess eingeführt werden, um Anwendern zu verdeutlichen, inwieweit sie persönlich zur Steigerung der Energieeffizienz und damit zur unternehmensweiten Zielerreichung beitragen können.

Neben der visuellen Motivation der Mitarbeiter ist eine umfassende Schulung zu den Vorteilen und Funktionen der Hardware von eminenter Bedeutung, denn letztlich verantworten die Mitarbeiter den wirkungsvollen Einsatz neuer Systeme. Dieser professionelle Change-Prozess ist ein häufig unterschätzter Erfolgsfaktor von Energieeffizienzmaßnahmen.

Wir sind überzeugt, dass der Klimaschutz weiter an Bedeutung gewinnen wird und Unternehmen perspektivisch noch stärker an ihrem Engagement für Klimaschutzziele und der Steigerung ihrer Energieeffizienz gemessen werden – und dies gilt gewiss nicht nur für die Verkehrs- und Logistikbranche.