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Blog
08.01.2018 PSD2

Alles bleibt beim Neuen (2/2)

Die PSD2 kodifiziert zwar „nur“ den Status quo. Banken dürfen ihre Hände aber keineswegs in den Schoß legen. Sie sollten mit Umsicht ihre Kernleistungen und -systeme fit machen. Hektik bei der Digitalisierung wird aber hingegen dazu führen, dass die Institute tiefer in den Treibsand veralteter IT einsinken.

Das Gute einfach und das Einfache gut machen

Auch das Vorgehen, ein Produkt vom Kunden ausgehend zu entwickeln, seine Bedürfnisse kennenzulernen und ihn in die Entwicklung direkt mit einzubeziehen, ist etwas, das die Digitalisierung – und nicht PSD2 – längst ermöglicht hat. Dabei waren und sind Startups diejenigen, die vormachen, wie es geht. Im Ergebnis erhält der Kunde möglichst einfach zugängliche und bequem zu bedienende Bedienoberflächen. Kernprämisse dabei: jegliche Abschlusshürde so niedrig wie möglich halten.

Am Ende geht es jenseits aller luftiger Ideen um die Grundbedürfnisse beim Banking: Die Kunden möchten zahlen, leihen, sparen, anlegen und vertrauen. Dienstleistungen, die ein Startup ohne Banklizenz und Kreditführerschein nicht bieten kann. Hier liegt eine Chance für die Banken: Produkte deutlich einfacher gestalten, Abschlusshürden senken, den Kunden in den Mittelpunkt rücken. Die Interaktion flexibel, sexy und intuitiv gestalten und dabei auch mal ruhig alte Marketing-Grundsätze über Bord werfen. Bei einer solchen Konzentration auf die Kernleistungen können junge und agile Startups helfen, das Beste aus beiden Welten zusammenzuführen.

Zwei grundlegende Hemmnisse erkennen

Ungeachtet dessen sehen wir auf diesem Weg zwei wesentliche Herausforderungen.

Zum einen erfordern Digitalisierung und die Öffnung für neue Kooperationsansätze einen Kulturwandel in Governance und Steuerung von Unternehmen, sei es bei Zusammenarbeitsmodellen, Vorgehen bei Produktentwicklung oder der Systemverklemmung zwischen Business Case-Abhängigkeit und „Cash Burn Rate“. Dies ist selbstverständlich kein Spezifikum der Bankenwelt, tritt aber gerade in diesem stark regulierten Umfeld offensichtlicher zu Tage. Das reine Einrichten „agiler“ Arbeitsplätze und das Umsichwerfen mit Schlagwörtern aus der Welt von Scrum, Extreme Programming etc. reicht nicht aus. Oft wird durch die neuen, digitalen und „hippen“ Einheiten lediglich ein neues Silo geschaffen, dessen Kultur, Geschäftsziele und Arbeitsweise nicht zum Rest der Bank passt. So verpuffen die gut gemeinten Ansätze im Abstimmungs- und Prozessdschungel.

Unscheinbarer, aber langfristig ebenso schwerwiegend ist ein zweiter Aspekt:

Denn es ist nicht so, dass Banken nicht mit neuen Schnittstellen an die Kunden heranrücken möchten. Im Gegenteil: Viele Häuser setzen heute schon auf entsprechende Programmierschnittstellen (APIs), kaufen sich Experten ein, strukturieren die IT um. „Banking as a service“ ist in aller Munde. Banken sind mit Hochdruck dabei, komplexe Bankprozesse in ihre Bestandteile zu zerlegen und einzeln anzubieten. Jedes individuell gestaltete Interface, sei es im Vertrieb oder im Backoffice „zieht“ sich über die API-Schnittstellen dann den Service, den es gerade für den Frontend-Prozess benötigt.

Banken drohen, immer weiter im Treibsand der uralten IT-Systeme einzusinken

Soweit so gut. Auf kurze Sicht betrachtet ist diese Entwicklung begrüßenswert und zahlt voll auf oben genannte Chancen ein. Auch mag sie von PSD2 befeuert worden sein. Auf lange Sicht übertüncht sie aber nur oberflächlich ein viel tiefer liegendes Problem: Jede API und Middleware übersetzt lediglich, was im Backend passiert. Die Kernbanksysteme aller Häuser sind jedoch eine Legacy, die bis in die Steinzeit der IT zurückreicht. Jede Veränderung, jede Produktinnovation zieht einen Programmieraufwand nach sich, der das bestehende System noch ein bisschen komplexer (und damit teurer) für nachfolgende Veränderungen macht. Da eine Bank zu 70 Prozent als ein IT-Unternehmen betrachtet werden kann, wird diese Entwicklung früher oder später in den „Deadlock“ für Produktinnovationen sowie schnellere und bessere Services führen: Im Treibsand der Uralt-IT lässt jede Bewegung die Bank noch ein Stückchen weiter einsinken. Ein Unternehmen wie N26, das sich von einem Bank-Partner zu einem veritablen Startup mit eigener Lizenz gemausert hat, konnte das Kernbanksystem hingegen von Grund auf flexibel gestalten und halten. Langfristig wird so ein System ein Wettbewerbsvorteil im Kampf um die Kunden sein.

Die bloße Auseinandersetzung mit der Kundenschnittstelle im immerwährenden Spannungsfeld von „Make“ oder „Buy“ geht uns daher nicht weit genug. Ein zukunftssicher aufgestelltes Haus benötigt eine Strategie wie es in Zukunft mit seinem gewachsenen Kernbanksystem umgehen möchte und zu einem schnelleren, flexibleren und mithin kostengünstigeren System gelangt.

Gelingt das ebenso wie die Überwindung der Hürden zwischen alter Bank und „hippen“ Unternehmenseinheiten, dann kann sich jede Bank auch unter PSD2 selbstbewusst den Herausforderungen der digitalisierten Welt und ihren neuen und alten Marktteilnehmern stellen.